Tantra in Varanasi

Tantra in Varanasi

Seit dem 28. Februar ist die Reisegruppe in Varanasi. Beim Guruji von Remy haben wir täglich Meditationsstunden. Zu Beginn erfahren wir im theoretischen Unterricht, was Tantra ist, ein kurzer Überblick über die Chakren und die Gesetzmässigekeiten vom grob- und feinstofflichen Ausdruck der Schöpfung. In dieser kurzen Zeit gibt uns Guruji die wichtigsten Eckdaten, die wir für die Praxis brauchen. Die Verweise auf die Ursprünge in den alten Schriften, die Bedeutung der Ausdrücke in  Sanskrit, lassen erahnen wie gross das Wissen dieses Meisters ist. Seine Art des Unterrichtens ist herzlich und lässt uns schnell eintauchen in diese schöne Energie inspiriert von Weisheit und Liebe. Wir beginnen dann auch mit der Praxis im grobstofflichen. Einige wichtige Stellungen aus dem Hatha Yoga sollen unseren Körper öffnen, bereit machen für die feinstoffliche Praxis mit den Meditationen. Mit Pranayama Übungen geht es eine Schicht weiter ins Feine – die Energie wird geweckt und in Fluss gebracht.

Mit einem feierlichen Ritual erhalten wir eine Initiation. Schritt für Schritt führt uns Guruji täglich eine Schicht tiefer in der Kundalinimeditation. Wir machen alle unterschiedliche Erfahrungen. Allen gemeinsam ist aber ein tiefes inneres berührt Sein. Die Meditation arbeitet mit Mantren, Visualisieren, Energie lenken, Atemarbeit und Konzentration. Jede Meditationserfahrung ist wieder anders und ich spüre, dass es viel Übung bedarf, um die Tiefe dieser Werkzeuge zu erfahren und zu nutzen.  Doch auch als Anfängerin erfahre ich grosse Glücksmomente und Liebe, wenn ich mich eins fühle mit dem grossen Ganzen, mit dem Göttlichen. Wenn sich bisher unbekannte Räume öffnen oder auch bekannte mit neuen Werkzeugen begehen lassen erfüllt mich das mit Freude. Da fliessen schnell mal die Tränen, diesmal Freudentränen.

Bei all der Übung stellt sich für mich wieder einmal die Frage: wozu mache ich das Ganze? Wie bringe ich diese Qualität des verbunden Seins in meinen Alltag? Wie kann ich die Liebe, die ich erfahre, in meinem Herzen behalten und mich auch in unserem indischen Beziehungsalltag daran orientieren? Wo bleibt die Konzentration und Achtsamkeit in den Begegnungen und Auseinandersetzungen, die wir zurzeit in Indien miteinander erleben? Warum fühle ich mich immer wieder getrennt, wenn ich doch weiss, dass ich verbunden bin mit allem?

Zugegeben, ich fühle mich manchmal ratlos, traurig auch, dass unsere schwierige Beziehungsdynamik hier in Indien nicht durch diese wunderbare Arbeit verändert werden kann. Ich schwanke immer wieder zwischen grosser Abgrenzung und Schutz, die mich trennen, das Herz verschliessen, schmerzen und traurig machen. Meine Übung besteht darin, immer wieder in die Liebe zu gehen – die Liebe zu mir selber. Mich in meiner Unvollkommenheit anzunehmen ist manchmal schwer; ist aber die einzige Möglichkeit, auch die Unvollkommenheit der anderen zu würdigen; zu erkennen, dass wir alle auf dem Weg sind. Annehmen, loslassen – ein weiteres wichtiges Übungsfeld hier in Varanasi! Für mich macht diese tantrische Übung wie wir sie hier lernen genauso wie unser westliches Tantra erst richtig Sinn, wenn ich die Erfahrungen in mein ganz irdisches, grobstoffliches Leben einfliessen lassen kann. Ich bin auf dem Weg……J

Bericht von Verena

Im März 2011